Gemeinsam mit Opfergruppen aus ganz Europa haben wir die «Justice Initiative» lanciert. Mit dieser politischen Initiative soll erstmals in allen Ländern Europas der Missbrauch an Kindern umfassend aufgearbeitet werden.
Europa hat den Schutz der Kinder über Jahrzehnte verletzt: Hunderttausende Kinder und Jugendliche wurden Opfer von Ausbeutung, Misshandlungen und sexuellem Missbrauch. Vor allem auch in staatlichen oder kirchlich geführten Institutionen kam es zu schwersten Übergriffen.
Bis heute wurden diese Missbrauchsfälle in den meisten Ländern Europas nicht aufgearbeitet. Dies soll sich nun ändern. Die im September 2021 lancierte Justice Initiative lenkt die kollektive Wahrnehmung auf ein verdrängtes Stück Geschichte sowie auf die Opfer, die bis heute aufgrund des Missbrauchs und der fehlenden öffentlichen Anerkennung schwer leiden. Mit dieser politischen Initiative soll erstmals in allen Ländern Europas der Missbrauch an Kindern umfassend aufgearbeitet werden.
Über eine halbe Million Unterschriften für mehr Schutz vor Online-Kindsmissbrauch: Zusammen mit Opfergruppen und Kinderschutzorganisationen aus ganz Europa hat die Justice Initiative im Dezember 2023 eine internationale Petition für mehr Kinderschutz im Internet dem EU-Parlament in Brüssel übergeben. Die Petition wurde im Februar 2023 in Paris lanciert. Bis im Dezember konnten die Initianten eine halbe Million Unterschriften sammeln.
Im Internet nimmt die Verbreitung von pädokriminellem Material (Child Sexual Abuse Material, kurz CSAM) exponentiell zu: Gab es im Jahr 2010 noch 1 Million Meldungen, waren es im Jahr 2022 bereits 32 Millionen Meldungen, die 88 Millionen Bilder und Videos enthielten. «Diese sexualisierte Gewalt im Internet muss gestoppt werden», betont deshalb Guido Fluri, der Urheber der Justice Initiative, «denn hinter jedem Bild steht ein Missbrauch. Und hinter jedem Bild steht das Leid eines Kindes».
Die Petition verlangt, dass die Europäische Union eine weltweit führende Position beim Kinderschutz im Internet einnimmt. Online-Dienste müssen verpflichtet werden, Massnahmen zu ergreifen, um Schaden von Kindern auf ihren Plattformen abzuwenden und, falls nötig, Inhalte, die sexuellen Missbrauch von Kindern darstellen, effektiv zu erkennen, zu melden und zu entfernen.
Eine Sternstunde für Überlebende aus ganz Europa: Im Januar 2024 hat der Europarat in Strassburg für die Aufarbeitung der früheren Missbrauchsfälle nach dem Vorbild der Schweiz gestimmt (Resolution 2533). Demnach soll das Leid der Überlebenden von Kindsmissbrauch in den Mitgliedstaaten offiziell anerkannt werden, die Betroffenen sollen – unabhängig einer allfälligen Verjährung – eine Wiedergutmachungszahlung erhalten und eine wissenschaftliche Aufarbeitung soll in jedem einzelnen Land stattfinden. Die Motion war im Oktober 2021 im Europarat eingereicht worden.
Die Motion beinhaltet die grundlegenden Forderungen der Justice Initiative:
Der Europarat und die Mitgliedsstaaten sollen eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung der Verletzung von Kinderrechten in den einzelnen Ländern sicherstellen.
Der Europarat und die Mitgliedsstaaten sollen für die offizielle Anerkennung von Kindern sorgen, die unter jeglicher Art von sexueller, physischer und psychischer Gewalt (einschliesslich der negativen Auswirkungen von Diskriminierung) gelitten haben, insbesondere im Hinblick auf Kinder in privaten und öffentlichen oder kirchlichen Einrichtungen und solche, die fremdplatziert, zwangsadoptiert oder von ihren Müttern getrennt wurden.
Der Europarat und die Mitgliedsstaaten sollen dafür sorgen, dass die Opfer eine Form der Wiedergutmachung erhalten.
Die geltenden Gesetze in den Mitgliedsstaaten sollen auf den Schutz aller Kinder vor Missbrauch und Misshandlung ausgerichtet werden. Die Präventionsarbeit muss verstärkt werden.
Begleitet wird die Justice Initiative von der Wanderausstellung «SHAME – European Stories». Von Italien bis Schweden, von Rumänien bis Portugal: In ganz Europa wurden die Porträts von fast 100 Opfern von Kindesmissbrauch gesammelt. Noch nie wurde die Dimension des Problems auf diese Weise erfasst. Fotos und Videos des preisgekrönten Journalisten Simone Padovani, die die Ungerechtigkeiten dokumentieren, geben den Opfern eine Stimme. Die Wanderausstellung ist aktuell in verschiedenen europäischen Grossstädten zu sehen.
21. Februar 2024
Der portugiesische Fernsehsender SIC begleitet Guido Fluri von den Anfängen der Wiedergutmachungsinitiative in der Schweiz bis nach Strassburg, wo der Europarat aufgrund einer Motion der Justice Initiative eine Aufarbeitung in ganz Europa nach Schweizer Vorbild beschliesst.
20. März 2024
Als Kinder wurden die Rumänin Sarmanca Fekete und der Deutsche Karl Haucke Opfer von Missbrauch durch den Staat, die Kirche oder die eigenen Eltern. Heute kämpfen sie dafür, ein normales Leben führen zu können und Gerechtigkeit zu erfahren. Guido Fluri lud die beiden im Jahr 2022 nach Venedig ein, als mit der Fotoausstellung «SHAME – European Stories» die «Justice Initiative» lanciert wurde. Der bewegende Dokumentarfilm von 3sat porträtiert die Opfer von Kindsmissbrauch und begleitet Guido Fluri bei seinen Bemühungen für eine Wiedergutmachung in Europa nach Schweizer Vorbild.
26. Januar 2024
Die Schweiz liegt bei gesetzlichen Massnahmen gegen Kindesmissbrauch durch staatliche, kirchliche oder private Organisationen ganz vorne. So prägt die Schweizer Lösung für Kinderschutz und Opferhilfe gar die europaweite Regelung, denn der Europarat hat am 26. Januar 2024 in einer Resolution das Schweizer Modell übernommen. In dieser Podcast-Folge berichtet das SRF über die Einreichung der Motion für mehr Kinderschutz in Europa durch die Justice Initiative.
06. Dezember 2023
Guido Fluri hat zusammen mit 40 Kinderschutzorganisationen am 6. Dezember 2023 in Brüssel eine Petition für mehr Kinderschutz im Internet an das EU-Parlament übergeben. Die Initianten konnten über eine halbe Million Unterschriften sammeln. Das SRF begleitete die Justice Initiative und allen voran Guido Fluri bei der Übergabe der Unterschriften an das EU-Parlament.
26. April 2023
Die Justice Initiative ist auch in Portugal aktiv. Einem Land mit einer ebenfalls noch nicht abschliessend aufgearbeiteten Geschichte des Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen und einer nicht umfassenden Wiedergutmachung für die Opfer. António Assis Teixeira, Journalist bei CNN Portugal, bewegt von den Geschehnissen im eigenen Land, wollte mehr über den Gründer und Urheber der Justice Initiative erfahren. Er reiste deshalb in die Schweiz, um Guido Fluri und seine Geschichte kennenzulernen.