Prof. Dr. Med.
Abolghassem Sepehrnia
Neurochirurg

Professor Abolghassem Sepehrnia ist einer der weltweit erfahrensten und erfolg­reichsten Neurochirurgen.

«Kein Patient will sich operieren
lassen, damit der Arzt an ihm
lernen kann»

Sie waren mehrere Jahr­zehnte lang als Neuro­chirurg an ver­schie­denen Kliniken in Deutschland tätig. Seit 2011 behandeln Sie in der Schweiz, heute als Beleg­arzt in der Klinik St. Anna in Luzern. Wie kam Ihr Weg in die Schweiz zustande? 2011 erteilte mir die Ge­sund­heits­direktion des Kantons Zug auf Bestreben der Guido Fluri Stiftung die Berufs­aus­­übungs­be­willi­gung. Das Ziel war es, meine Erfahrung aus 2‘500 Operationen an der Schädel­basis den Schweizer Patienten zugänglich zu machen. Diese Expertise gab es bis zu diesem Zeitpunkt nur im Ausland.

Brauchte es viel Über­zeu­gungs­arbeit, um Sie für ein Engagement in der Schweiz zu gewinnen? Eigentlich nicht, nein. Guido Fluri und ich diskutierten sehr offen. Mir lagen auch Anfragen aus Belgien, Deutsch­land und dem Iran vor. Aus­schlag­gebend waren die her­vor­ragenden Be­din­gun­gen, die ich in der Klinik hier antraf. Eine Vor­aus­setzung war ausserdem, dass ich Kassen­patienten behandeln konnte und nicht nur Privat­versicherte. Ich wollte allen Betroffenen helfen können.

Welchen Eindruck haben Sie vom Schweizer Ge­sund­heits­wesen gewonnen? Ich kann nur meine per­sön­lichen Er­fahrun­gen widergeben. Die Versorgung in den Privat­kliniken ist sehr gut. Orga­ni­sation, Unter­brin­gung und Infra­struk­tur befinden sich auf aller­höchstem Niveau. Die Anschaffung eines Geräts ist nie eine Frage der Kosten, sondern der Sinn­haf­tig­keit. Wenn sie dem Wohl der Patienten dient, werden die Argu­mente gehört. Wie in den um­lie­genden Ländern bleibt die Kosten­dämpfung ein ständiges Thema, vor allem hinsichtlich der Me­dika­men­ten­preise.

Prof. Dr. med. Abolghassem Sepehrnia
Prof. Dr. med. Abolghassem Sepehrnia

Bei seltenen Krankheiten scheinen die Patienten im Ausland besser aufgehoben zu sein. Stimmen Sie dem zu? Aufgrund der tiefen Fall­zahlen bei seltenen Krank­heiten kann in der Schweiz kaum jemand die Erfahrung sammeln, um sich Experte zu nennen. Trotzdem möchten alle Kliniken diese Ope­ra­tio­nen durchführen, um eben gerade diese Erfahrung zu sammeln. Insofern kann es proble­matisch sein, wenn die Betroffenen nicht ausreichend infor­miert werden. Kein Patient will sich operieren lassen, damit der Arzt an ihm lernen kann.

Die Akustikusneurinome, eine Ihrer Spezia­lisie­run­gen, sind eine solche seltene Krankheit. Wo liegen die Gefahren, wenn man sich bei einem un­erfah­renen Arzt behandeln lässt? Ein weniger erfah­rener Arzt wird dazu ten­die­ren, den Tumor nur teil­weise zu entfernen. Dadurch sinkt die Gefahr, dass der Patient das Hör­vermögen verliert oder eine Gesichts­lähmung erleidet. Das mag zwar im Interesse der Patienten liegen, aber löst das Problem nicht nach­haltig. Der zurück­bleibende Tumor soll dann mittels Bestrah­lung am Wachs­tum gehindert werden. Die Erfahrung zeigt aber, dass dies nicht gelingt.

Welchen Behand­lungs­weg schlagen Sie beim Akustikus­neurinom ein? Als einer der wenigen Neuro­chirurgen in Europa lehne ich die partielle Entfernung konse­quent ab. Wir sind hier in der Lage, den Tumor komplett zu entfernen, wobei der Gesichts­nerv in 98% der Fälle erhalten bleibt und jeder zweite Patient auf dem betroffenen Ohr weiterhin hören kann.

Sie führen pro Jahr über 60 Operationen durch. Wie gelangen die Patienten zu Ihnen? Viele finden uns durch das Forum der Interessen­gemeinschaft Akustikus­neurinom. Auch die Zuweiser in der Schweiz, was primär die HNO-Ärzte sind, kennen unser Angebot in der Zwischenzeit und weisen ihre Patienten nach der Dia­gno­se zu uns. Zu unseren Patienten zählen auch viele aus Deutschland, wo mich die Zuweiser immer noch kennen und emp­fehlen. Das Problem ist, dass die Kosten für die Operation in der Schweiz gut doppelt so hoch sind wie in Deutschland. Nicht alle Kranken­kassen übernehmen dann die Kosten, auch weil die Schweiz nicht in der EU ist.

www.neurochirurgie-sepehrnia.com

Anmerkung 2024: Mittlerweile befindet sich Dr. Sepehrnia im wohlverdienten Ruhestand.


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